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Kunst mit Kante

Kunst mit Kante

Kunst mit Kante

Heide C. Heimböck wuchs im Bregenzerwald auf. Kritisch gegenüber dem Gewohnten ist sie immer gewesen, daran hat auch ein „strenges“ Architekturstudium nichts geändert. In der Kunst findet sie die Freiheit, zu hinterfragen, was sie will.

Wie man sich bettet, so liegt man. Hoch und weit fliegt das Leintuch, das von zwei Armen in die Luft geworfen wird, um akkurat auf der Matratze zu landen. Die Arme sind geübt, die Hände haben das unzählige Male gemacht, den schweren Baumwollstoff umgeschlagen, ihn mit gestreckten Fingern glatt gestrichen. Präzise, exakt. Das Leintuch wird zur Leinwand, das Streichen zum Knistern eines uralten Films. Der endet abrupt. Das Kissen wird geschüttelt, längs aufgestellt. In der Mitte eingeschlagen. Mit der Handkante. Eine tiefe Schneise, an den Ecken spitze Berge. Piff, puff – zack. Im Küefer-Martis-Huus im liechtensteinischen Ruggell, einem Museum in einem jahrhundertealten Bauernhaus, präsentiert Heide C. Heimböck ihr Video auf dem Dachboden, projiziert auf ein an der Wäscheleine hängendes Tuch. Auf dem Boden ein Haufen Buchenlaub. „Das wurde früher als Füllung für die Matratzen verwendet. Von den Gemeinden wurden Listen geführt, welche Familie wann wie viel Buchenlaub sammeln durfte,“ sagt Heimböck und zeichnet mit ihren Händen in der Luft. „Das Laub war anfangs praktisch, doch mit der Zeit zerbröselte es, wurde hart und ließ für den Kopf nur eine unverrückbare Mulde.“

Als Heimböck in den 1970er Jahren in Au im hinteren Bregenzerwald aufwuchs, gab es keine Buchenlaubmatratzen mehr. Doch im Haus ihrer Großmutter war im Giebel noch die Kammer, in der das Laub einst getrocknet worden war. Das Video trägt den Titel „Als ich noch Dein gutes Kind war“. Ein Satz aus einem Brief der 1907 verstorbenen deutschen Malerin Paula Modersohn- Becker. Sie war eine der kühnsten Vertreterinnen des Expressionismus, ihr Leben ein Kampf gegen die patriarchale Gesellschaft. Im Brief mit besagtem Zitat ging es um die Frage, was ein Mensch tun muss, um noch als „gutes Kind“ durchzugehen.

Auch Heimböck war als Kind mit dem Nachnamen ihres oberösterreichischen Großvaters im hinteren Bregenzerwald früh mit Fragen von Dazugehörigkeit konfrontiert. Ihre Biografie zeichnet keinen geradlinigen Weg, sie habe erst dies und das gemacht, schließlich die Matura nachgeholt. Das Studium der Architektur führte sie nach Innsbruck, ein Auslandsjahr nach Holland. Dieses Land habe sie sich als das größtmögliche Gegenteil des Bregenzerwaldes vorgestellt, sagt Heimböck in hörbarem Wälder-Dialekt, als weite Landschaft, mit Menschen in Städten, die diese Weite auch im Kopf haben.

Doch dann löste sie eine städtebauliche Aufgabe im Entwurf anders, als es sich der Professor „mit überholten Ansichten“ erwartet hatte. Heimböck wurde als widerspenstig bezeichnet, eine allzu kritisch-eigenständige Haltung war wohl auch in den Niederlanden nicht überall erwünscht. Auch wenn es nur ein einzelnes Erlebnis blieb, war für Heimböck bereits vor Abschluss des Studiums klar, dass sie nicht als Architektin arbeiten konnte. Stattdessen widmete sie sich mehr und mehr der Fotografie, nach und nach kamen andere Medien dazu. „Es ist die Kunst, in der ich die Freiheit finde. In der Kunst hat man die Möglichkeit, auch ganz subtil provokativ zu sein.“ Bei ihren Fotografien experimentiert Heimböck mit Objektiven, arbeitet das Wesentliche makroskopisch heraus, verwandelt Bekanntes in fremde Oberflächen, die dennoch anziehen. Oder vielleicht gerade deswegen? „Wie eine Arbeit beim Betrachter ankommt, lässt sich nicht steuern.

Manchmal sind die Reaktionen überraschend.“ Wie etwa vergangene Weihnachten bei einem Kunstprojekt im öffentlichen Raum. Der Götzner Krippenbauverein lud Künstler dazu ein, eine Krippe für den Weihnachtsmarkt zu entwerfen. Harald Schwarz und Heide C. Heimböck dachten gemeinsam über das Thema Herbergssuche nach und über Maria- und Josef-Figuren, die im Advent meist wartend auf die noch leere Krippe starren. Die Künstler drehten die Figuren in der Krippe kurzerhand um und ließen sie auf einen Bildschirm schauen.

Darauf war ein Video zu sehen, das im Vordergrund Statistiken von Flucht und im Hintergrund Bilder von geflüchteten Menschen zeigte. Menschen, die weggehen und ankommen oder sterben, Schicksalsbilder, die an jene Geschichte erinnern, die Maria und Josef selbst erlebt hatten. Die Arbeit führte zu teils heftigen Reaktionen in Götzis. Man wollte keinen Fernseher in der Krippe, kein Leid am Weihnachtsmarkt, man fühlte die heilige Krippenruhe gestört. Dass dann gerade der Krippenbauverein das Werk der Künstler vehement verteidigte, lässt die Arbeit über ihre eigentliche Materialität hinauswachsen. Kunst, die bewegt, ist grandios. Und: Widerspenstigkeit ist wichtig. Nach dem Studium arbeitete Heide C. Heimböck in einer Werkstatt der Lebenshilfe. Heute ist sie Gartengestalterin und Künstlerin. Sie wohnt mit ihrer 13-jährigen Tochter in Schwarzach, ihr Atelier sind ihr Schreibtisch und eine Tafelwand im Wohnzimmer. Dort stehen gesammelte Wörter, aus denen sich bisweilen Geschichten, ganze Arbeiten entwickeln. Zurzeit ist dort „scheißegal“ zu lesen. „Das hat meine Tochter hingeschrieben und ich finde, es steht da ganz gut.“ Außerdem ein Satz aus der Zeitung: „Die Verhältnisse bedingen das Verhalten.“ Auch dieser Satz hat einiges mit Heimböcks Kindheit zu tun, mit dem Bregenzerwald, dem sie in einer Art Hassliebe zugetan ist, wie sie sagt. „Zum Bregenzerwald passt der Satz: Das Tal prägt. Aber dennoch kann man ihn nicht so stehen lassen.“ Dass es einiges „freizulegen“ gilt, davon zeugt Heimböcks Arbeit „The Nitty Gritty“, für die sie die Bregenzerwälder Juppe in Großaufnahmen fotografiert hat. Die Struktur des Stoffes, schimmerndes Schwarz. „Ich wollte die Juppe befreien von all dem, was um sie herum als strenges Regelwerk existiert – wer sie tragen darf oder nicht, oder wie man die Schnalle schließen muss und nicht darf. Ich wollte, dass die Juppe wieder als das erkennbar wird, was sie ist.“ Also doch: Die Verhältnisse bedingen das Verhalten? Doch wie passt da etwa der Bauer, Revolutionär und Autor aus Schoppernau Franz Michael Felder dazu, dessen Todestag sich heuer zum 150. Mal jährt und dessen Visionen von sozialer Gleichberechtigung und Gerechtigkeit aktueller denn je sind? Und wie all die anderen freien und reformerischen Schöngeister aus dem Bregenzerwald? Sie sage ja, meint Heimböck lächelnd, man könne den Satz nicht einfach so stehen lassen.

Autorin: Carina Jielg
Ausgabe: Reisemagazin Winter 2019-20

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